Im Tessin wird mit eigenen Tessiner-Jasskarten gespielt – die «Tresette»-Karten. Dabei bezeichnet Tresette die Tessiner Jasskarten wie auch ein eigenes Kartespiel. Wir haben zu Tresette recherchiert und zeigen, weshalb diese Tessiner Jasskarten nicht vergessen gehen dürfen und erklären wie das Tresette-Kartenspiel geht.
Tessiner Karten werden oft vergessen
Die meisten Jasser und Jasserinen wissen wohl, dass es Deutschschweizer Jasskarten und Französische Jasskarten gibt. Dass es aber noch weitere Schweizer Jasskarten-Motive gibt, wissen oft auch gestandene Jasser und Jasserinnen nicht. So wird im Tessin, neben den französischen Jasskarten, mit eigenen Tessiner Jasskarten gespielt. Diese Tessiner Jasskarten werden als Tresette-Jasskarten bezeichnet. Der Name «Tresette» stammt vom gleichnamigen Kartenspiel.
Leider ist die (deutsche) Literatur über das Tessiner Kartenspiel nur sehr dürftig. Im offiziellen Jassregelement wird in der Jass-Geografie zwar deutlich aufgezeigt, dass das Tessin ein Sonderfall ist und dort mit eigene Jasskarten gespielt wird. Jedoch werden die Tessiner Jasskarten nicht weiter beschrieben, da man wohl zu wenige Interesse daran vermutete. Bereits im Jahr 1979 warnte man im «Schweizer Jassbuch», dass «die Bedeutung von Tresette leider sehr klein und immer noch abnehmend ist».
Höchste Zeit also, dass sich das Schweizer Jassverzeichnis diesem Thema annimmt. Wir sind ins Archiv gestiegen und haben interessante Erkenntnisse zum Tressete-Spiel in der Schweiz zusammengetragen und erklären anschliessend, wie Tresette gespielt wird.
Bereits 1835 gespielt
Tresette wird in der Schweiz wohl schon seit mindestens 200 Jahren gespielt. So erwähnte 1835 Stefano Franscini in seinem Buch «Der Canton Tessin», dass in Tessiner Gemeinden, in denen der Winter sehr lange dauert, oft das Kartenspiel Tresette gespielt wird. Dies sei beispielsweise in Bedreto oder im Livinerthal der Fall.
Dass im Tessin mit eigenen Jasskarten gespielt wurde, entging auch Johannes Müller aus Schaffhausen nicht. Dem grössten Jasskarten-Produzenten der Schweiz (heute AGM Müller) war es wichtig, auch das Tessin mit Jasskarten zu bedienen. So gibt es eine Skizze aus dem Jahr 1855 mit ersten Tessiner Jasskarten, welche von Müller angefertigt wurde. Auf der Skizze notierte Müller: «Von mir nach alten Karten – Copiert für Tessin.»
Die Produktion von Müller half wohl, dass Tresette nicht nur im Tessin sondern auch in der Umgebung auf Anklang stiess. So wurde 1937 im schweizerischen Archiv für Volkskunde erwähnt, dass im Engadin ebenfalls Tresette gespielt wird: «Das beliebteste Spiel der Engadiner, das dem Jass vorgezogen wird, ist Trisétt; es entspricht dem tessinischen Tresette.» Einerseits dürfte die Produktion von Müller zur damaligen Verbreitung im Engadin beigetragen haben, andererseits aber auch italienische Gastarbeiter welche u.a. bei Bau des Albula-Tunnels mithalfen und dieses Spiel aus ihrer Heimat importierten. Inzwischen hat Jassen das Tresette-Kartenspiel im Engadin aber wieder an Beliebtheit überholt.
Anlehnung an das lombardische Bild
Die Tresette-Jasskarten, mit welchen im Tessin gespielt wird, lehnt sich an das «lombardische» bzw. «Mailänder» Bild an. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen den Karten der Tessiner und der Karten aus der Lombardei: Auf den für das Tessin bestimmten Karten sind die Figuren mit Re, Regina, Fante bezeichnet, auf denjenigen für Italien nicht. Diese Karten werden auch heute noch speziell für das Tessin so produziert und verkauft.
Die Reihenfolge der Tessiner Tresette-Jasskarten
Die Tessiner Tresette-Jasskarten bestehen aus vierzig Karten. Die Karten haben vier Farben: Herz, Kreuz, Karo/Ecke und Pik/Schaufel. Je Farbe haben die Karten folgenden Rang:
- Drei (höchste Karte)
- Zwei
- Ass (Asso)
- König (Re)
- Königin (Regina)
- Unter/Junge (Fante)
- Sieben
- Sechs
- Fünf
- Vier (tiefste Karte)
Die Drei ist die «beste» und ranghöchste Karte und kann nicht überstochen werden. Gefolgt von der Zwei und dem Ass. Dies ist im Vergleich zum Jassen eine Besonderheit. Zudem wird ohne die Achter, die Neuer und die Zehner gespielt. Untenstehend die Abbildung für die Reihenfolge der Farbe Herz.
Tresette: Spiel-Anleitung
Anzahl Spieler beim Tresette
Tresette kann zu zweit, zu dritt oder zu viert gespielt werden. Da sich die Spielregeln nur minim unterscheiden, beginnen wir mit der Erklärung für zwei Personen.
Spielziel beim Tresette
Bei Tresette ist es das Ziel, möglichst viele Punkte zu sammeln. Wer zuerst 21 Punkte erreicht, hat gewonnen. Es kann aber auch vereinbart werden auf 31 oder 41 Punkte zu spielen.
Austeilen beim Tresette
In der ersten Runde werden jedem Spieler 10 Karten ausgeteilt. Der Stapel von 20 Karten bleibt verdeckt auf dem Tisch liegen.
Tresette spielen
Abwechslungsweise legen beide Spieler je eine Karte ab. Derjenige Spieler, welche die erste Karte ablegt, gibt die Farbe vor. Das heisst der andere Spieler muss eine Karte der gleichen Farbe legen (also «leih halten» bzw. «farben»). Falls der Spieler keine Karte der jeweiligen Farbe hat, kann er eine beliebige Karte legen.
Haben beide Spieler eine Karte gelegt, geht der Stich zum Spieler mit der ranghöchsten Karte. Jasser und Jasserinnen müssen daran denken, dass das Ass nicht die höchste, sondern die 3 und die 2 noch höher sind als das Ass. Zudem ergeben die Karte andere Punkte als beim Jassen (siehe auch weiter unten).
Der Spieler, welche den Stich gemacht hat, nimmt beide ausgespielte Karten vom Tisch und legt sie mit der Bildseite nach unten zu seinem eigenen Stapel. Anschliessend zieht jeder Spieler eine Karte vom Stapel (der Spieler, welche den Stich gemacht hat, zieht zuerst eine). Diese gezogene Karte muss dem Gegenspieler gezeigt werden, bevor Sie aufgenommen wird.
Nun geht es weiter und der Gewinner vom vorherigen Stich legt zuerst eine Karte ab und gibt wiederum die Farbe vor, welche der andere Spieler halten muss (sofern möglich). Dies geht so lange, bis alle Karten gespielt sind.
Sind vom Stapel auf der Seite keine Karten mehr vorhanden, werden nur noch die Handkarten gespielt.
Kartenpunkte beim Tresette
Wie Sie bereits wissen, gilt beim Tresette eine andere Reihenfolge als beim Jassen (3, 2, Ass, König, etc.). Eine weitere Besonderheit im Vergleich zum Jassen sind die Kartenwerte beim Tressete-Spiel. So haben die Karten folgende Werte:
Als Eselsbrücke hilft: Alle «Bild-Karten oder höher» ergeben Punkte.
Punktevergabe beim Tresette
Wer den Stich mit den jeweiligen Karten macht, erhält die Punkte der Karten. Am Schluss des Spiels werden also die Karten bzw. deren Punkte des eigenen Stapels zusammengezählt. Für den letzten Stich gibt es einen Zusatzpunkt (1).
Notiert werden nur ganze Punkte. Wer bspw. in einem Spiel 6 und 2/3 Punkte erzielt, notiert sich 6 Punkte. Insgesamt gibt es in einem Spiel 11 Punkte.
Nun geht das Spiel weiter und die Punkte jedes Spiels werden laufend addiert. Wer zuerst 21 Punkte erreicht hat, hat gewonnen.
Weisen beim Tresette (Ansagen)
Beim Tresette ist es auch möglich zu weisen (auch als «Ansagen» bezeichnet). Wer mit diesen zusätzlichen Weispunkten spielen will, muss dies vorgängig vereinbaren. Weisen kann man nur Karten, die man in der Hand hat. Folgende Weise sind erlaubt:
- Vier Asse = 4 Punkte
- Vier Drei = 4 Punkte
- Vier Zwei = 4 Punkte
- Drei Asse = 3 Punkte
- Drei Zwei = 3 Punkte
- Drei Drei = 3 Punkte
- Ass, Drei und Zwei der gleichen Farbe = 3 Punkte
Kreuzweise sind möglich: Beispielsweise kann ein Ass zweimal für «Drei Asse» und für eine «Ass-Drei-Zwei-Kombination» genutzt werden. Jedoch ist es nicht gestattet, bpsw. zuerst drei Asse und später nochmals vier Asse zu weisen. Vier Gleiche werden auch als «Super Bongioco», drei Gleiche als «Bongioco» und eine Ass-Drei-Zwei-Folge als «Napola» oder «Napoli» bezeichnet.
Spiel zu Dritt und zu Viert
Wir empfehlen für Tresette-Neulinge, das Spiel zuerst zu zweit ohne Weisen zu spielen. Für Tresette zu dritt oder viert gibt es folgende Varianten:
- Tresette zu Dritt: Ein Spieler spielt gegen zwei andere. Es werden je 10 Karten verteilt. Die letzten 10 Karten werden offen auf den Tisch gelegt und simuliert den Partner des Alleinspielers. Der Spieler allein kann für die Karte seines Partners eine Karte von dem offenen Stapel nehmen. Ansonsten sind die Regeln gleich wie oben beschrieben.
- Tresette zu Viert: Es gibt zwei Teams, wobei sich die Spieler wie beim Schieber über das Kreuz am Tisch sitzen. Jeder Spieler erhält 10 Karten. Ansonsten sind die Regeln gleich wie oben beschrieben.
Fazit zum Tresette-Spiel
Für Jasser und Jasserinnen ist Tresette auf den ersten Blick ein wohl exotisches Kartenspiel. Jedoch funktioniert das Tresette-Kartenspiel ähnlich wie ein «Obenabe-Jass» und ist eine sehr gute Alternative für alle Jasser und Jasserinnen, welche ein neues Kartenspiel ausprobieren möchten. Wer einen Schieber jassen kann, sich die Reihenfolge (Drei vor Zwei vor Ass) und deren Kartenwerte merken kann, wird sich schnell bei Tresette zurechtfinden. Von Vorteil ist es natürlich, wenn Sie bereits die französischen Jasskarten kennen (da dies ähnliche Farben haben).
Zu zweit macht das Spiel sehr viel Freude. Wenn Sie zudem die Tessiner Tresette-Jasskarten verwenden, können Sie dazu beitragen, dass ein Stück Schweizer Tradition nicht verloren geht.
Tresette auf dem Smartphone spielen
Tipp: Wenn Sie Tresette mal ausprobieren möchten, können wir dieses Tresette-App empfehlen. Diese Android-App ist auf Deutsch verfügbar und wenn unter Einstellungen die «Milanesi-Karten» ausgewählt werden, kommt dies den Tessiner Tresette-Karten am Nächsten.
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