Sidi Barrani – Eine Anleitung wie der Sidi Barrani gespielt wird

Sie kennen den Schieber-Jass in- und auswendig? Dann ist es höchste Zeit, den Sidi Barrani auszuprobieren. Der Sidi Barrani Jass wird von seinen Fans als «Königsdisziplin» unter den Jassarten bezeichnet und erfordert viel Denkarbeit. Lesen Sie hier, wie der Sidi Barrani gejasst wird.

Schieber-Kenntnisse als Voraussetzung

Der Sidi Barrani ist ein ausgeklügelter Jass, der taktisch anspruchsvoll ist. Wer diesen Jass spielen will, sollte den Schieber-Jass gut beherrschen. Zudem muss man bei diesem Jass seine Gegner und seinen Partner bestens beobachten. Der Sidi Barrani wird von Region zu Region unterschiedlich gejasst. Daher können einzelne Regeln von der untenstehenden Beschreibung abweichen.

Allgemeine Regeln zum Sidi Barrani

Der Sidi Barrani wird zu viert gespielt. Jeder Spieler erhält neun Jasskarten. Die Partner sitzen wie beim Schieber-Jass über das Kreuz am Tisch gegenüber. Es gelten die allgemeinen Weisregeln. Die Weispunkte werden beim Bieten (oder Steigern) nicht miteinkalkuliert. Eine Partie geht auf 1’500 oder 2’000 Punkte. Alle Farben zählen einfach. Ein Match ergibt 157 Punkte.

Zielpunktzahl und Kartenpunktzahl

Der Trumpf und die Zielpunktzahl wird im «Gebotsverfahren» ermittelt. Dabei hat die ansagende (= spielübernehmende) Partei das Ziel, die Zielpunktzahl zu erreichen. Schafft Sie dies, kann Sie die Zielpunktzahl und ihre erspielten Kartenpunkte notieren. Wenn die Zielpunkzahl nicht erreicht wird, kann die Zielpunktzahl das gegnerische Team notieren. Die entsprechende Zusammenstellung finden Sie in der folgenden Tabelle.

 

Ansagende Partei

Gegner

Zielpunktzahl erreicht

Zielpunktzahl + Kartenpunkte

Kartenpunkte

Zielpunktzahl nicht erreicht

Kartenpunkte

Zielpunktzahl + Kartenpunkte

Beispiel 1: Liegt die Zielpunktzahl bei 120 und die ansagende Partei erspielt 130 und die Gegner 27 Punkte, können die Gegner 27 und die ansagende Partei 250 (= 120 + 130) Punkte notieren.

Beispiel 2: Liegt die Zielpunktzahl bei 120 und die ansagende Partei erspielt 110 und die Gegner 47 Punkte, können sich die Gegner 167 (47 + 120) und die ansagende Partei 110 Punkte notieren.

Ansagen, Bieten & Steigern

Nun wissen wir, wie die Punkte geschrieben werden. Wie kommt man aber auf diese Zielpunktzahl? Dies läuft mittels des Bietens (auch als «Steigern» bezeichnet). Als Rahmen für das Bieten haben sich einige «Ansage-Systeme» etabliert. Obwohl sich auch das offizielle Jassreglement darauf bezieht, sind diese Ansage-Systeme nicht (in allen Regionen) verbindlich. Das Ansage-System wird gemäss Jassreglement wie folgt definiert:

Mit Under / Bube

Mit Näll

60 = Under + 2 Karten

80 = Under + 3 Karten

100 = Under + 4 Karten

120 = Under + 5 Karte

50 = Näll + 2 Karten

70 = Näll + 3 Karten

90 = Näll + 4 Karten

110 = Näll + 5 Karten

Beispiel:

Spieler 1: Hat Schellen-Under und 2 weitere Schellenkarten. Ansage: «60 auf Schellen».
Spieler 2: Hat Rosen-Under und 3 weitere Rosen. Ansage: «80 auf Rosen».

Das Bieten geht der Reihe nach. Dabei gelten folgende Faustregeln:

  • Ist der Partner in der gleichen Farbe stark, bietet er jeweils 10 oder 20 Punkte mehr in der gleichen Farbe.
  • Hat der Partner eine andere starke Trumpffarbe, bietet er in dieser starken Farbe.
  • Asse einer Farbe, die man nicht als Trumpf wünscht, werden mit 5 ergänzt (Beispiel: Bietet jemand 85 auf Eicheln, nachdem der Gegner 80 geboten hat, bedeutet dies, dass man das Eichle-Ass hat).
  • Jedes Gebot muss mindestens um 5 Punkte höher sein als das vorherige Gebot.
  • Wer nicht mehr bieten kann oder will, sagt «fort», «ich steige aus» oder Ähnliches.
  • Das zuletzt genannte Gebot (welches nicht mehr überboten wurde) gilt als Zielpunktzahl der übernehmenden Partei.
  • Die zuletzt angesagte Farbe aus diesem Gebot ist die Trumpffarbe.

Beim Bieten gilt es konzentriert zu sein. Denn durch die Gebote der einzelnen Spieler kann man entschlüsseln, wer welche Karten hat bzw. wer in welchen Farben stark ist. Auch die gegnerischen Gebote sind daher von Interesse und sollte man sich so gut wie möglich merken.

Doppeln und Kontern

Wer mit doppeln und kontern (auch als «kontriert» bezeichnet) spielen will, muss dies vorgängig vereinbaren. Zudem muss vereinbart werden, ob laufende Gebote oder nur das «Schlussgebot» gedoppelt und gekontert werden kann. Doppeln und Kontern beim Sidi Barrani geht wie folgt.

Sobald der Trumpf und das Gebot gefällt wurde, kann die Gegenpartei «doppeln». Damit geht die Gegenpartei davon aus, dass die ansagende Partei ihr Ziel nicht erreicht. Wurde gedoppelt, kann die ansagende Partei wiederum «kontern» (oder auch «kontieren» genannt). Damit «vervierfacht» die Partei sozusagen das Gebot und ist fest überzeugt, dass Sie ihre Zielpunktzahl erreichen. «Doppeln» kann man, muss man aber nicht. «Kontern» kann man hingegen nur, wenn die Gegner bereits gedoppelt haben.

Beispiel: Das Team A spielt auf 120 Rosen. Nun «doppelt» die Gegenpartei. Das heisst, wenn Team A 120 oder mehr Punkte erreicht, kann Sie 240 Punkte für die Zielpunktzahl notieren. Erreicht Team A 119 oder weniger Punkte, schreibt Team B 240 Zielpunkte. Analog beim «kontern», dann ist aber die zu notierende Zielpunktzahl in diesem Beispiel 480.

Falls doppeln und kontern nicht erst am Schluss zugelassen wird, kann jeder Spieler nach einem vorherigen Gebot auf das gegnerische Gebot doppeln. Wird gedoppelt, kann nicht mehr weiter geboten werden. Sprich das letzte Gebot vor dem Doppeln gibt die Zielpunktzahl und die Farbe vor.

Varianten zum Sidi Barrani

Für den Sidi Barrani existieren verschiedene Varianten und Möglichkeiten, um diesen Jass zu erweitern. Untenstehend finden Sie zwei dieser Möglichkeiten:

Codiertes Ansagesystem: Teilweise wird das Ansagesystem mit Begriffen und Worten ergänzt, sodass man die Karten sozusagen «codiert» mitteilen kann. Beispielsweise heisst «Schwach», dass man eine Karte weniger hat als dafür benötigt wird. «Schwache 70» heisst also, dass man das Näll und nur 2 anstatt 3 Jasskarten der gleichen Farbe besitzt. Zudem können die weiteren Farben weiter erläutert werden. Beispiele dafür: «Ich kann leider, leider nichts sagen», bedeutet dass man drei Asse hat. Oder die Aussage «schön helfen» bedeutet, dass man von dieser Farbe Ass und König hat. Wer mit einen solchen codierten Ansagesystem spielen will, sollte den Sidi Barrani aber bereits ohne diese Codierung gut spielen können.

Weitere Trumpfvarianten: Es kann vereinbart werden, dass neben den Trumpffarben weitere Trumpfvarianten wie Undenufe, Obenabe oder Misere erlaubt sind. Damit muss aber auch das obenstehende Ansagesystem erweitert werden.

Sidi Barrani spielen und Tipps dazu

Der Sidi Barrani kann auch online auf jass.e-act.ch gespielt werden. Dort wird der Jass mit einem Tendenz-Gebot, Obenabe und Undenufe gespielt. Für Beginner vom Sidi Barrani Jass haben wir zudem einige wichtigte Tipps zusammengefasst:

  • Die Zielpunktzahl sollte vor dem 1. Ausspiel auf der Tafel notiert werden.
  • Die Zielpunktzahl zu erreichen ist wichtiger, als möglichst viele Punkte zu erspielen.
  • Als Erstbietender sollte man korrekt bieten (gemäss Ansage-System) und nicht bluffen.
  • (Zu) tiefe Angebot mit einer starken Farbe sollen nur in Ausnahmen gemacht werden. Denn sind die Karten einseitig verteilt, kann auch dein Gegner eine starke Farbe haben.
  • Gebote sollen nie direkt bei der «kritische» Grenze gemacht werden. Am besten überlässt man dies dem Partner, da er ja dein Gebot (und somit deine Karten) kennt.
  • Die «kritische» Ansagegrenze ist oft um die 130 Punkte.
  • Die Gebote und die daraus ableitenden Karten sollte man sich unbedingt merken. Diese Kenntnisse sind wichtig, um zu beurteilen, ob man doppeln oder kontern kann. Und natürlich auch für den Spielverlauf.
  • Und immer daran denken: Deine Mitspieler können beim Bieten auch nur bluffen.

Die Herkunft vom Sidi Barrani Jass

Der Sidi Barrani ist eine Abart vom Bolschewik-Jass (früher auch als «Polschevic» bezeichnet). Der Bolschewik wird heute noch vorallem im Oberwallis gespielt. Vom Wallis hat es der Bolschewik-Jass vor einiger Zeit in die Innerschweiz geschafft. Der Luzerner Bäckermeister Franz Wey war es, der das Spiel vom Wallis in seine Region rund um Hochdorf (LU) «importiert» hat.

Den Luzerner gefiel der damalige Name «Polschevic» jedoch nicht. Da zu jener Zeit im damaligen «Radio Beromöischter» immer wieder über den Afrikafeldzug in der ägyptischen Stadt Sidi Barrani berichtet wurde, liessen sich die damaligen Polschevic-Jasser davon inspirieren und tauften «ihr» Kartenspiel in Sidi Barrani um. Damit ist der Sidi Barrani Jass bereits rund 70 Jahre alt.

Verbreitung des Sidi Barrani

Der Sidi Barrani ist in der Innerschweiz am stärksten verbreitet. Vorallem im Luzerner Seetal, rund um Willisau sowie im Entlebuch wird der Sidi Barrani häufiger gespielt. Aber auch im Aargauer Seetal, Freiamt oder in Zürich wird der Jass gespielt. Zudem existiert eine eigene Vereinigung dafür, nämlich die «Sidi-Barrani-Jassvereinigung Luzern & angrenzende Kantone».

Gemäss unserer Recherche hat es der Sidi Barrani sogar nach Übersee geschafft. So sei dieser Jass auch in verschiedenen Schweizerkolonien in Südamerika zum grossen Modejass geworden und auch heute noch in diesen Regionen beliebt.

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