Vom 23. Juni bis 30. Oktober entführt eine Sonderausstellung in die bunte Welt der Spielkarten und erzählt Geschichten rund ums Kartenspiel. Ausstellungskurator Daniel Grütter gewährt erste Einblicke in seine spannende Arbeit.
Kartenspiele ziehen Menschen seit Jahrhunderten in ihren Bann. Kaum ein Spielgerät ist bei Jung und Alt so beliebt und verbreitet. Es ist die Kombination von Glück und Verstand, welche die Faszination des Spiels mit Karten ausmacht: Der Zufall entscheidet, welche Karten dem Spieler zugeteilt werden, den Spielverlauf bestimmt er aber selbst. Diese Verknüpfung verhalf dem Kartenspiel binnen kurzer Zeit zu grosser Popularität, und dies quer durch alle Bevölkerungsschichten. Bis heute sind weltweit über 500 unterschiedliche Kartenspiele bekannt.
Sonderausstellung bietet viele spannende Themen und Angeboten
Die Ausstellung präsentiert Karten vom Mittelalter bis in die Gegenwart, von archäologischen Fundstücken bis zu zeitgenössischen Künstlerkarten. Diese stammen aus der museumseigenen Sammlung, die mit über 16‘000 Kartenspielen zu den grössten und bedeutendsten der Schweiz zählt. Zahlreiche Leihgaben aus Schweizer Museen und Archiven bereichern die Schau, ebenso sind Schriftdokumente Spieltische und Gemälde zu bewundern. Thematisiert wird unter anderem der Siegeszug des Jass, die Verbreitung der beiden Farbsysteme, die heutige «Jassgrenze», die Herkunft und Entwicklung des französischen Kartenbildes sowie die Geschichte von Tarock und Tarot (Bild 02-03).
Es werden verschiedene Kartenspiele wie Poker, Whist, Bridge und Patience vorgestellt. Die Ausstellungseinheit «Spielkarten in der Populärkultur» beleuchtet den Stellenwert des Kartenspiels in Literatur, Film und Musik des 20. & 21. Jahrhunderts (Bilder 04).
In verschiedenen Spielbereichen dürfen sich die Besucher aktiv im Kartenspielen versuchen. Zudem besteht für Jung und Alt die Möglichkeit, sich im Bauen von Kartenhäusern zu messen (Bilder 05). Filme und Hörstationen erleichtern das sinnliche Erleben der Phänomene rund ums Kartenspiel. Natürlich wird, neben den beliebten Jass-Sendungen von Schweizer Radio und Fernsehen, Emil Steinbergers Klassiker «De Jasser» aus den frühen 1970er Jahren nicht fehlen. Vorträge, ein 3-Generationen-Spieltag und Führungen runden das Rahmenprogramm ab. So ist ein vergnüglicher Ausstellungsbesuch garantiert!
Zur Geschichte des Kartenspiels
Die Ursprünge des Kartenspiels liegen vermutlich im Vorderen Orient. Von dort aus gelangte es nach Europa, wo spätestens seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts mit Karten gespielt wird. Als frühester schriftlicher Nachweis gilt das Spielverbot der Stadt Bern aus dem Jahre 1367, aus Schaffhausen ist ein solches aus dem Jahre 1389 belegt. Leider wissen wir nicht genau, wie diese Karten aussahen. Denn das älteste bis heute erhaltene europäische Kartenspiel, das sogenannte «Stuttgarter Kartenspiel», entstand erst in der Zeit um 1430 (Bild 06-08).
Die frühesten aus der Schweiz erhaltenen Spielkarten stammen aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Die Blätter zeigen noch keine einheitlichen Figuren, es gibt verschiedene lokale Varianten. Es handelt sich meistens um Funde, die beim Restaurieren von Buchdeckeln oder unter Bretterböden und Wandtäfer alter Stuben zum Vorschein kommen (Bild 09). Ab dem 16. Jahrhundert treten die heute bekannten Motive auf: Das französische Spiel mit Herz, Schaufeln, Ecken, Kreuz und das deutschschweizerische mit Schilten, Rosen, Schellen, Eicheln. Allerdings ist nicht überliefert, wie damals mit den Karten gespielt wurde. Gedruckte Spielregeln haben sich erst ab der Mitte des 17. Jahrhunderts erhalten.
Die Etablierung des Jass-Spiels in der Schweiz
Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts erobert ein neues Kartenspiel die Eidgenossenschaft: der Jass. Söldner aus den Niederlanden und Werber für holländische Regimenter bringen das Spiel in die Schweiz. Der zurzeit älteste Beleg für das Jassen stammt aus den Ratsprotokollen der Stadt Schaffhausen: 1796 wurden vier Männer aus Siblingen (Kt. Schaffhausen) der Spielsucht angeklagt. Sie gaben zu, «damals bey Nachtzeit, als sie beysamen um ein Glas Wein ein Spiel welches man das Jassen nenne, zur kurzweil gemacht zu haben» (Bild 10).
Das einfacher zu spielende Jassen verdrängt rasch das seit dem 16. Jahrhundert beliebte Kaisern. Gespielt wird der Jass mit den gleichen deutschschweizerischen Karten, doch verringert sich deren Zahl von 48 auf 36. Dadurch vereinfachte und verbilligte sich auch die Fabrikation.
Versuche, das heutige Kartenbild zu modernisieren, sind bisher gescheitert. 1982 sorgen neue Deutschweizer Karten des Künstlers Egbert Moehsnang für Aufregung in der Schweizer Jasswelt (Bild 11).
Der Text und die Bilder wurden dem Schweizer Jassverzeichnis vom Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen zur Verfügung gestellt. Autor ist Ausstellungskurator Daniel Grütter.
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