Jass-Reportage: In Muri frönen Jassfans einmal im Monat ihrer Spielleidenschaft

Puur, Näll, As: Jassen gilt als Schweizer Nationalspiel und erfreut sich grosser Beliebtheit. Der Besuch eines Jassabends zeigt, was die Faszination dieses Kartenspiels ausmacht. Und dass es auch schwarze Schafe gibt.

Aus dem Raum rechts des Eingangs zum Restaurant Frohsinn dringt freundliches Stimmengewirr. Hier muss es sein. Ich öffne die angelehnte Tür. «Warst du beim Coiffeur?», fragt ein älterer Herr sein Gegenüber. Die meisten der Anwesenden scheinen sich zu kennen. Mein Jasspartner und Neffe Chris und ich stehen etwas verloren herum. Wir sind neu in dieser Runde und nehmen das erste Mal überhaupt an einem Jassabend teil.

Jeder will gewinnen

Pünktlich um 19.45 Uhr begrüsst Rebecca Mathys die rund 30 Personen, die sich an diesem Dienstag Mitte März in Muri eingefunden haben. Für die Neulinge erklärt sie die Regeln. Gespielt wird Partnerschieber, eine Runde à 12 Passen, insgesamt vier Runden. Obenabe, Undenufe, Trumpf, alles zählt einfach, gewiesen wird nicht. «Will jemand schieben, sagt er ‹ich schiebe› oder ‹geschoben›, nicht ‹gschieberlet› oder irgendwelche anderen Variationen», erklärt Mathys. «Und die Karten werden erst aufgenommen, wenn der Partner eine Ansage gemacht oder geschoben hat.» Den Grund für diese Regel sollte ich im Laufe des Abends noch erfahren.

Beim Partnerschieber tritt man zu zweit an und wird unterschiedlichen Gegnern zugelost. In der ersten Runde treten Chris und ich auf Christian und Ueli, erfahrene Jasser, beide pensioniert. Sie sind uns Neulingen gegenüber offen und jassen mit Humor. Als Chris mich mahnt, ich solle nicht zu lange überlegen, wirft Ueli ein: «Ich hätte gesagt, studier mal ein bisschen!» Ueli geht es denn auch um den Spass und darum, beim Jassen Leute zu treffen. Das sieht auch sein Partner Christian so. Er stammt aus Frankreich, lebt aber seit 40 Jahren in der Schweiz. Jassen hat er in einer Beiz in der Schweiz gelernt. Beim Verteilen der Karten raunt mir Ueli zu, es sei etwas scheinheilig zu sagen, es gehe nur um den Spass: «Schlussendlich will jeder gewinnen.»

Der harte, treue Kern

Die erste Runde ist vorbei. Chris und ich wechseln den Tisch. Claudia und Jürg, vielleicht Mitte 50, heissen die neuen Gegner. Claudias Vater war ein passionierter Jasser, er hat sie für das Spiel begeistert. «Mir gefällt der Kitzel, der Kampf um die Punkte, ums Gewinnen oder Verlieren», sagt Claudia. Chris nimmt die Karten auf bevor Gisela eine Ansage gemacht hat, merkt es, entschuldigt sich. «Grund für diese Regel ist ein Ehepaar, welches betrogen hat», erklärt Claudia. Die beiden hätten sich mit Zeichen heimlich abgesprochen. Nun stehen sie auf der schwarzen Liste. Diese Liste wird von der Trumpf-As AG geführt. Sie organisiert die sogenannte TAM, die Trumpf-As Jass-Meisterschaft in der Schweiz, zu der auch die Dienstags-Jassabende in Muri gehören. Im November findet jeweils der Final statt. Rebecca Mathys ist die Jassleiterin vor Ort, vor zwei Jahren hat sie diese Aufgabe von ihrer Mutter übernommen. Letztes Jahr sind jeweils nur sechs bis acht Personen gekommen. Dann hat Mathys mit Inseraten auf den Jassabend aufmerksam gemacht, und nun sind es rund 30 Jassfans, die sich jeweils im Restaurant Frohsinn einfinden. «Ein harter Kern von 10 Jassern kommt jedes Mal», freut sich die junge Frau. Mit 30 Jahren ist sie mit Abstand die Jüngste in der Runde.

Überall, zu fast jeder Zeit

Welcher Beliebtheit sich das Jassen erfreut, zeigen die unzähligen Gelegenheiten, diesem Spiel zu frönen: Es gibt den Montagsjass in Aarburg, Christians Mittwochnachmittags-Jass, den Donnstig-Jass in Baar und den Sonntigs Jass Waldstatt, dazu das Preisjassen Feusisberg, Jassen mit Annamarie, den Schwinger- und den Sau-Jass, Jassschiffe und natürlich Jassferien in Flims oder Mallorca – und dies ist nur eine kleine Auswahl.

In Muri sind kurz vor 23 Uhr die letzten Stiche gemacht, alle Punkte gezählt. Rebecca Mathys gibt die Rangverkündigung bekannt: «Es wurde heute Abend sehr hoch und auch sehr tief gejasst.» Markus und Roman gewinnen mit 4254 Punkten, Christian und Ueli belegen mit exakt 4000 Punkten Rang zwei. Vom Eintrittsgeld in der Höhe von 20 Franken pro Person fällt für die Plätze 1 bis 12 etwas ab – mein Partner und ich gehen leer aus. Macht nichts. Uns ging es wirklich nicht ums gewinnen.

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    Dieser Artikel erschien am 5. April im «Der Freiämter». Autorin vom Artikel ist Ursula Huber. Den ganzen Bericht gibt es auch hier als PDF zum Nachlesen.