Marco Krämer ist der «Jass-Chef» beim SRF. Im Interview haben wir mit Krämer über die beiden TV-Formate «Samschtig-Jass» und «Donnschtig-Jass» gesprochen. Krämer erklärt uns, warum beide zu den erfolgreichsten Unterhaltungssendungen gehören, warum im Fernsehen Differenzler gespielt wird und ob seiner Ansicht nach am TV zu viel «geschnorred anstatt gjasset» wird.
Du hast die Leitung für alle Jass-Sendungen vom SRF inne. Bist du sozusagen der «Jass-Chef» vom SRF?
Marco Krämer: Das kann man so sagen. Allerdings gibt es Leute im Team, die schon viel länger für die Jassformate arbeiten. Ich sehe meine Aufgabe beim Jass-Team daher eher in einer Art Sparring-Partner für die Produzenten, welche die Sendungen umsetzen. Aber natürlich bin ich verantwortlich für jeden Inhalt. Und muss dann auch mal hinstehen, wenn etwas schiefläuft.
Die diesjährigen Donnschtig-Jass-Sendungen wurden aufgrund der aktuellen Situation an einem fixen Standort gedreht. Was bedeutete diese Umstellung für die Vorbereitung und die Dreharbeiten?
Wir haben einzig das Prinzip der Sendung belassen. Alle anderen Inhalte wurden innerhalb weniger Wochen neu erarbeitet und umgesetzt. Wir mussten Familien finden, die mitjassen wollten. Rainers Velotour mussten wir anpassen und auch die prominenten Gäste und Musik-Acts mussten wir zum Teil neu suchen. Das eingespielte Team hat dies aber mit enorm viel Engagement und Flexibilität gut gemeistert.
Wie gross war die Enttäuschung bei den Gemeinden, welche sich dieses Jahr duelliert hätten? Sind die Gemeinden im Jahr 2021 beim Donnschtig-Jass wieder dabei?
Die Enttäuschung war natürlich da. Aber auch ein grosses Verständnis. Es war ja allen klar, dass die Veranstaltung nur mit wenig Publikum hätte stattfinden können und so auch die Einnahmen für die Gemeinden eher klein gewesen wären. Dieses Risiko wollten wir den Gemeinden ersparen. Sollten wir die Tour nächstes Jahr durchführen können, sind natürlich alle Gemeinden wieder dabei. Sofern sie denn wollen.
Im letzten Donnschtig-Jass wurde Rob Rutz von eurem Team verabschiedet. Er war seit 1992 beim Donnschtig-Jass dabei. Gibt es viele langjährige Mitarbeitende bei den Jass-Sendungen?
Rob war mittlerweile der langjährigste Mitarbeiter des «Donnschtig-Jass». Aber auch im redaktionellen Team gibt es Einige, die schon mehrere Jahre dabei sind. Allen voran Produzent Tino Zimmermann. Für ihn war es bereits die 18. Staffel. Auf der gesamten Produktion sind rund 70 Mitarbeiter involviert. Rein redaktionell sind wir ein Team von sechs Leuten – ohne Rainer, Sonia und Büssi.
Im Vergleich zu anderen Unterhaltungssendungen: Wie gut schneidet der Samschtig- und der Donnschtig-Jass bei den Zuschauerquoten ab?
Die beiden Jassformate gehören seit Jahren zu den erfolgreichsten Sendungen in der Unterhaltung von SRF. Gerade der «Donnschtig-Jass» erreicht im Sommer gut 35% Marktanteile und rund 400’000 Zuschauer*innen. Aber auch beim «Samschtig-Jass» erreichen wir am Vorabend regelmässig 30% aller TV-Zuschauer.
Jürg Randegger, ehemaliger Samschtig-Jass Moderator, sagt kürzlich in einem Interview, dass sich der Samschtig-Jass «extrem verändert» hat und heute alles «etwas lauter, schneller und marktschreierischer» sei. Was hat sich aus deiner Sicht in den letzten Jahren am meisten verändert?
Möglicherweise bezog sich die Aussage noch auf den letzten Moderator Reto Scherrer… . Aber klar, die Sendung hat sich sicher verändert. Wie jede andere langjährige Sendung auch. Wir sind sicher weniger volkstümlich unterwegs als früher und das Tempo ist höher. Aber den Zuschauer*innen scheint das zu gefallen. Schliesslich blieb eines seit 51 Jahren gleich: Wir jassen den Differenzler und dies genauso wie vor einem halben Jahrhundert.
Mit Fabienne Bamert und Rainer Maria Salzgeber gab es innerhalb der letzten zwei Jahre gleich zwei Wechsel bei den Jass-Moderatoren. War dies Zufall oder werden auch zukünftig die Moderatoren schnelleren ausgewechselt?
Das war nicht Zufall, sondern nötig. Wir mussten Reto Scherrer und Roman Kilchsperger ersetzen und haben mit Fabienne und Rainer tolle neue Gesichter für die Jass-Formate gefunden. Ein Plan, sie schnell wieder auszutauschen, besteht überhaupt nicht und wäre fürs Format auch gar nicht gut.
Seit jeher wird in den Jass-Sendungen vom SRF der Differenzler gespielt, obwohl der Differenzler eigentlich deutlich weniger bekannt ist als der Schieber oder der Coiffeur. Gab es nie Überlegungen, die Jassart zu ändern?
Nein, weil der Differenzler eben auch seit 50 Jahren funktioniert. Es ist ein perfekter «TV-Jass», weil die Zuschauer wunderbar mitjassen können. Zudem fristet er im Jass-Universum etwas zu Unrecht ein «Schatten-Dasein». Der Differenzler macht genauso Spass wie beispielsweise der Schieber, man muss sich vielleicht etwas besser konzentrieren.
Der Samschtig-Jass ist die älteste Unterhaltungssendung von ganz Europa. Denn Donnschtig-Jass gibt es seit 1989. Wie erklärst du Dir diesen langanhaltenden Erfolg der Jass-Sendungen vom SRF?
Jassen ist bei uns Tradition. Genauso wie Schwingen und Jodeln. Der Schweizer liebt solche einheimischen Traditionen – heute mehr denn je. Und, wie vorhin erwähnt, man kann mitspielen. Das kann man heute nicht mehr in vielen Formaten. Der «Donnschtig-Jass» hat noch den zusätzlichen Bonus, dass er ein Sommerevent ist, der auch «Nicht-Jasser» anspricht. Viele Zuschauer schauen die Sendung auch wegen der Musik, den Gästen und den Einspielfilmen. Da muss man nicht zwingend Jassen können.
Wenn man einigen Kommentaren in den Social Media glaubt, sind die Jass-Sendungen für gewisse Zuschauer «zu langweilig» oder dann «wird zu viel ‘gschnorred’ und zu wenig gejasst». Welche Kritik hört ihr am meisten von den Zuschauern? Polarisieren die Jass-Sendungen mehr als andere Unterhaltungssendungen vom SRF?
Nein. Die Reaktionen vom Publikum kommen bei allen Sendungen. Und das ist auch gut so. Wir wissen, wenn eine Meinung immer wieder kommt, dann ist sicher was dran und wir arbeiten an einer Verbesserung. Dass während des Jassens zu viel geredet wird, kommt immer wieder. Das verstehen wir auch. Unsere Moderatoren nehmen sich daher während den Jassrunden immer möglichst zurück. Im Endeffekt kann man es aber nie allen Recht machen.
Ende August wurde die neue SRF-Strategie «SRF 2024» vorgestellt. Als Folge werden bestehende Sendungsformate, wie beispielsweise ECO, abgesetzt. Müssen die Jass-Fans ebenfalls um ihre geliebten Jass-Sendungen zittern?
Nein, die Jass-Sendungen gehören weiterhin zum SRF Programm.
Wie einfach ist es die jeweiligen Jasser und Jasserinnen für die Sendungen zu finden? Was empfiehlst du Jassern und Jasserinnen, die am Samschtig-Jass mitspielen möchten?
Jeder, der beim Samschtig-Jass dabei sein will, kann sich unter www.srf.ch/jassen bewerben. Man kann sich aber auch vor Ort bei einer Aufzeichnung melden und wird dann vielleicht als Tischjasser ausgewählt. Zusammen mit dem EDJV veranstalten wir jährlich zudem drei Jassturniere in Schweizer Städten, speziell für Jasser bis 45. Aber wenn man die Donnschtig-Jass-Familien gesehen hat und wie gut die Jungen gejasst haben, muss man sich um den Jass-Nachwuchs wohl keine Sorgen machen.
Wie oft passieren Fehler in den Jass-Sendungen? Gab es auch schon Personen, die versucht haben bei einer Jass-Sendung zu mogeln?
Wie auch in der privaten Jassrunde passieren auch bei uns ab und zu Fehler. Das ist meistens nicht so schlimm und unsere Schiedsrichter wissen, wie sie reagieren müssen. Gemogelt hat meines Wissens noch niemand, aber es gab mal einen prominenten Gast, der versehentlich mehrfach falsch gefarbt hat und wir haben es erst zu spät gemerkt. Wir haben uns dann nach der Sendung mit den anderen Jassern am Tisch geeinigt.
Im Gegensatz zum Donnschtig-Jass wird der Samschtig-Jass aufgezeichnet. Kam es auch schon vor, dass ganze Jass-Partien neu gespielt werden mussten?
Ganze Partien nicht, aber natürlich brechen wir eine Runde schneller ab, wenn etwas nicht richtig läuft und teilen neu aus.
Jasst die SRF-Crew in den Drehpausen auch miteinander?
Es gibt schon “Jass-Grüpplis” bei uns im Team. Die einen Jassen ab und zu in der Mittagspause auf der Redaktion, andere treffen sich abends privat. Auf einer Produktion jassen wir aber kaum, da kommt man oft schlicht nicht dazu.
Wie oft jasst du selbst?
Ich jasse sehr gern und auch regelmässig – abends mit Freunden. Bei mir ist der Schieber Trumpf und der dann nach sehr konservativen Regeln. Ich bin ein Göpf Egg Fan und vertrete dann am Tisch immer seine Meinung :-).
Über Marco Krämer
Marco Krämer ist Senior Producer für den Bereich Show und Unterhaltung beim SRF. Krämer hat dabei die Leitung für alle SRF-Jass-Sendungen wie der «Donnschtig-Jass», «Samschtig-Jass» oder den «Donnschtig-Jass Warm-Up» inne. Neben den Jass-Sendungen leitet Krämer unter anderem auch die Sendungen «Happy Day», «1 gegen 100», «Game of Switzerland» oder die «Sports Awards».